dbb magazin 7/8 2015 - page 17

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Kriterium einer maximalen
Staatsschuldenquote von 60
Prozent wieder erfüllen. 2014
erwirtschaftete Deutschland
einen Finanzierungsüberschuss
von 18 Milliarden Euro oder
0,6 Prozent des BIP.
Die Schulden des Bundes san-
ken zum 30. September 2014
gegenüber dem Vorquartal um
0,3 Prozent (minus 4,3 Milliar-
den Euro) auf 1 282,5 Milliar-
den Euro. Der Kernhaushalt des
Bundes konnte seine Schulden
um 0,7 Prozent (minus 7,6 Milli-
arden Euro) abbauen, dagegen
stieg der Schuldenstand der
Extrahaushalte des Bundes um
1,7 Prozent beziehungsweise
3,2 Milliarden Euro an.
Die Länder waren am Ende des
dritten Quartals 2014 mit
622,5 Milliarden Euro verschul-
det, das entsprach einer Zu-
nahme von 0,6 Prozent (plus
4,0 Milliarden Euro) gegenüber
dem Ende des zweiten Quar-
tals 2014. Die Verschuldung
der Gemeinden und Gemein-
deverbände erhöhte sich um
0,3 Prozent auf 139,2 Milliar-
den Euro (plus 1,0 Milliarden
Euro).
Die Ergebnisse beziehen sich
auf die Kern- und Extrahaus-
halte von Bund, Ländern sowie
Gemeinden und Gemeinde-
verbänden und umfassen
Kreditmarktschulden und Kas-
senkredite. Sie sind nicht voll-
ständig vergleichbar mit den
endgültigen jährlichen Schul­
denergebnissen, in denen die
Schulden in anderer Abgren-
zung und differenzierter er-
hoben werden. Zudem sind
die Schulden der Sozialversi-
cherung in der vierteljähr-
lichen Schuldenstatistik nicht
enthalten.
Damit bleibt die Bundesrepu­
blik auch weiterhin hoch ver-
schuldet. Gemessen in Prozent
des BIP liegt die Schulden-
standsquote bei knapp 75 Pro-
zent. Im Vergleich mit den
anderen EU-Mitgliedsstaaten
nimmt Deutschland damit
in der Höhe seiner Schulden
einen Mittelplatz ein. Inso-
fern ist das Streben nach
Haushaltsausgleich der erste
Schritt zur Sanierung der
Staatsfinanzen.
Der noch in 2010 bestehende
negative Finanzierungssaldo
von knapp 105 Milliarden Euro
ist seit 2012 positiv und lag in
2014 bei über 18 Milliarden
Euro. Der hohe Schuldenberg
verschwindet dadurch aber
nicht: Er bindet Kapazitäten,
denn das Geld, das für Zins­
zahlungen aufgebracht wer-
den muss, kann nicht für Zu-
kunftsinvestitionen genutzt
werden. Zwar befindet sich
das Zinsniveau zurzeit auf his-
torischem Tiefstand. Dennoch
sind im Jahr 2014 Zinszahlun-
gen in Höhe von über 50 Mil­
liarden Euro angefallen. Ein
Abbau der Altschulden wäre
theoretisch möglich, müsste
aber entweder über (weitere)
Ausgabenkürzungen der
Haushalte beziehungs-
weise Einnahme­
erhöhungen
finanziert wer-
den.
Der Gesetzgeber hat
auf die stetig steigende
Staatsverschuldung des Bun-
des und der Länder reagiert,
indem im Zuge der Föderalis-
musreform II die sogenannte
Schuldenbremse im Grundge-
setz verankert wurde. Auf die-
se Weise ist es dem Bund ab
2016 nur noch gestattet, sich
in Höhe von 0,35 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts struk-
turell zu verschulden, während
die Länder ab 2020 keine Kre-
dite zur laufenden Finanzie-
rung ihrer Ausgaben aufneh-
men dürfen. Dies ist der erste
Schritt, um zunächst einen
Haushaltsausgleich zu errei-
chen.
Mit dem in Art. 109 des Grund-
gesetzes (GG) für Bund und
Länder gemeinsam veranker-
ten Grundsatz des (strukturell)
ausgeglichenen Haushalts
wurde der Grundgedanke der
„Goldenen Regel“ des alten
Art. 115 GG abgelöst: Grund-
sätzlich sollen die Haushalte
von Bund und Ländern ohne
Einnahmen aus Krediten aus-
geglichen werden.
Ausnahmen des Kreditaufnah-
meverbots sind allerdings ein-
geschränkt zugelassen, etwa
bei der Aufstellung der Haus-
halte von Bund und Ländern
zur Berücksichtigung einer von
der Normallage abweichenden
Konjunkturentwicklung, für
Bund und Länder in Fällen von
Naturkatastrophen oder au-
ßergewöhnlichen Notsituatio-
nen. Für den Haushalt des Bun-
des ist es gemäß Art. 109 Abs.
3 Satz 4 GG noch zulässig, Ein-
nahmen aus Krediten bis zur
Höhe von 0,35 Prozent des BIP
jährlich in Anspruch zu neh-
men.
Damit eine langfristig trag­
fähige Entwicklung der öffent-
lichen Finanzen gesichert
werden kann, muss die Kredit-
aufnahme auf ein Maß be-
grenzt werden, das eine konti-
nuierliche und dauerhafte
Rückführung der Schulden-
standsquote gewährleistet. Für
das Erreichen dieses Ziels sieht
auch der Europäische Stabili-
täts- und Wachstumspakt mit
dem für Deutschland festge-
legten mittelfristigen Haus-
haltsziel eine Begrenzung des
strukturellen Defizits auf maxi-
mal einem halben Prozent des
BIP vor.
Der dbb unterstützt grundsätz-
lich Regelungen zur Neuver-
schuldungsbegrenzung mit
dem Ziel der Gewährleistung
der Handlungsfähigkeit zu-
künftiger Generationen. Es
bleibt abzuwarten, inwieweit
die neue verfassungsrechtliche
Verschuldungsregelung den
Haushaltsgesetzgebern einen
hinreichenden Gestaltungs-
spielraum erhält, damit auch in
Zukunft notwendige Investiti-
onen in Infrastruktur, Sicher-
heit, Bildung, aber auch ein
funktionsfähiger öffentlicher
Dienst gewährleistet werden
können.
Der dbb hat insbesondere Be-
denken gegen ein Konzept, in
dem der Bundesgesetzgeber
die autonomen Haushaltsge-
setzgeber, also die Länderpar-
lamente, in ihrer Haushaltsge-
staltung funktionell einengt.
Nach Auffassung des dbb ist
ein solches Konzept in einem
föderalen Staatswesen verfas-
sungsrechtlich nicht haltbar.
br/rh
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Die Schuldenbremse
beginnt zu greifen
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