dbb magazin 7/8 2015 - page 41

nen ihre personenbezogenen
Daten besser kontrollieren
können, indem sie leichteren
Zugriff auf ihre Daten erhal-
ten sowie genauere Informa­
tionen darüber, was mit ihren
personenbezogenen Daten
geschieht, wenn sie sie frei­
gegeben haben: Die für die
Verarbeitung Verantwortlichen
müssen transparenter darle-
gen, wie sie mit personenbe-
zogenen Daten umgehen, bei-
spielsweise indem sie in einer
klaren und einfachen Sprache
über ihre Datenschutzmaßnah-
men informieren.
Das Recht auf Löschung perso-
nenbezogener Daten und das
Recht auf „Vergessenwerden“
sollen garantieren, dass jeder
beispielsweise von einem
Dienstleister verlangen kann,
personenbezogene Daten un-
verzüglich zu löschen, die erho-
ben wurden, als die betroffene
Person ein Kind war. Ein Recht
auf Übertragbarkeit soll ge-
währleisten, dass personenbe-
zogene Daten leichter von ei-
nem Dienstleister, etwa einem
sozialen Netz, auf einen ande-
ren Dienstleister übertragen
werden können, wodurch auch
mehr Wettbewerb unter den
DIenstleistern möglich werden
soll.
Darüber hinaus will die Richtli-
nie das „Profiling“, also die au-
tomatisierte Verarbeitung per-
sonenbezogener Daten, um
persönliche Aspekte zu bewer-
ten, etwa Aspekte bezüglich
Arbeitsleistung, wirtschaftliche
Lage, Gesundheit oder persön-
liche Vorlieben, einschränken.
Um einen verbesserten Zugang
zu Rechtsmitteln zu gewähr-
leisten, sollen betroffene Per-
sonen die Möglichkeit erhal-
ten, jede Entscheidung ihrer
Datenschutzbehörde von ih-
rem einzelstaatlichen Gericht
überprüfen zu lassen, unab-
hängig davon, in welchemMit-
gliedstaat der für die Verarbei-
tung der Daten Verantwort­
liche seinen Sitz hat. Von der
Verarbeitung Betroffene sowie
unter bestimmten Umständen
Datenschutzorganisationen
können bei einer Aufsichtsbe-
hörde eine Beschwerde oder
bei Gericht einen Rechtsbehelf
einlegen, wenn Datenschutz-
vorschriften missachtet wor-
den sind. Außerdem können
für die Verarbeitung von Daten
Verantwortliche mit Geldstra-
fen von bis zu einer Million
Euro oder zwei Prozent ihres
gesamten Jahresumsatzes be-
legt werden, wenn ein solcher
Fall bestätigt wird.
Zu guter Letzt soll ein einziges
Regelwerk für die ganze EU
verhindern, dass widersprüch­
liche einzelstaatliche Daten-
schutzregeln den grenzüber-
schreitenden Datenaustausch
stören.
Schon vor der Verabschiedung
sind erste positive Konsequen-
zen für Bürgerinnen und Bür-
ger zu erkennen. Datengigant
Google zum Beispiel hat seine
Datenschutzrichtlinie quasi in
vorauseilendem Gehorsam
transparenter gemacht und die
verschiedenen Einstellmöglich-
keiten erweitert, sprachlich
vereinfacht und vor allem we-
niger versteckt. Andere große
Anbieter von Datendienstleis-
tungen dürften diesem Bei-
spiel folgen, noch bevor die
aktuellen EU-Beschlüsse zu
verbindlichem Recht werden.
Ebenfalls im Vorfeld der Rats-
entscheidung hatten Bundes-
innenminister Thomas de Mai-
zière und die EU-Kommissarin
für Justiz, Verbraucher und
Gleichstellung, Vĕra Jourová,
das neue Regelwerk begrüßt
und einen Blick auf die eben-
falls anstehenden Reformen
bei der EU-Datenschutzrichtli-
nie für den Polizeibereich so-
wie zum geplanten EU-US-Da-
tenschutzabkommen gewagt:
„Es ist trotz allem, was wir
schon erreicht haben, noch im-
mer viel zu tun: Den Polizeibe-
reich wollen wir künftig um-
fassend in der künftigen
Datenschutzrichtlinie regeln
und hierbei einen hohen Da-
tenschutzstandard vereinba-
ren, ohne effektive Polizeiar-
beit zu erschweren oder
unnötige zusätzliche Bürokra-
tie einzuführen. Schließlich
müssen wir auch beim EU-US-
Datenschutzabkommen wei-
terkommen, vor allem hinsicht-
lich des in den USA bislang nur
eingeschränkt gewährleisteten
Individualrechtsschutzes.“ Be-
denken, die EU-Datenschutz-
richtlinie könnte bereits be­
stehendes deutsches Recht
aufweichen, teilt der Innen­
minister nicht.
Auch EU-Justizkommissarin
Jourová betonte ihren Wunsch
an weiteren zügigen Fort-
schritten bei allen drei Rechts-
akten: „Moderne europäische
Datenschutzregeln sind essen-
ziell, um das Potenzial digitaler
Technologie in Europa voll nut-
zen zu können. Sie werden Ver-
brauchern mehr Schutz bieten
und gleichzeitig für Unterneh-
men ein stabiles Umfeld und
Rechtssicherheit schaffen. Die
Datenschutzreform ist ein zen-
trales Anliegen der Europäi-
schen Kommission.“
<<
Arbeitnehmerschutz
stärken
Für Siglinde Hasse, Vizepräsi-
dentin des Ausschusses für Be-
schäftigung und soziale Ange-
legenheiten der Europäischen
Union Unabhängiger Gewerk-
schaften (CESI) und Vorsitzen-
de der dbb Grundsatzkommis-
sion für Sozialpolitik, hat die
Datenschutzrichtlinie auch
Auswirkungen auf Daten-
schutzrechte von Arbeitneh-
mern: „Der Arbeitnehmerda-
tenschutz muss dringend
besser werden. Die digitale Re-
volution schreitet immer wei-
ter voran, und wir arbeiten mit
Rechtsgrundlagen, die beinahe
noch aus dem analogen Zeital-
ter stammen.“ Der deutsche
Gesetzgeber habe keine ausrei-
chende Novelle des veralteten
Datenschutzes zuwege ge-
bracht. „Die Regierungen sind
nun in Europa am Drücker.“
Skandale der jüngeren Vergan-
genheit wie die Videoüberwa-
chung von Beschäftigten hät-
ten dringenden Handlungs­
bedarf offenbart. „Das Recht
muss mit der Entwicklung der
technologischen Möglichkeiten
Schritt halten“, zeigt sich Hasse
überzeugt. „Die Erfassung und
Speicherung von Daten hat in-
zwischen so große Dimensio-
nen angenommen, dass der
Gesetzgeber beim Datenschutz
unbedingt nachsteuern muss.“
Weder das Bundesdaten-
schutzgesetz noch die EU-Datenschutzrichtlinie reichten
bislang aus. „Das Thema lag
jetzt schon viel zu lange auf
Eis. Wir erwarten, dass der eu-
ropäische Gesetzgeber jetzt
zügig zu einem guten Ergebnis
kommt.“
Hasse begrüßt den Bericht des
Europäischen Parlaments, auf
dessen Grundlage der Rat der
Europäischen Union sich nun
auf Verhandlungen verständi-
gen muss. „Der Berichterstat-
ter Jan Philipp Albrecht hat
wichtige Pflöcke für den Ar-
beitnehmerdatenschutz ein-
rammen können“, lobt die Ge-
werkschafterin. „Wenn die
Mitgliedstaaten zu ihrer Ver-
antwortung für die Beschäftig-
ten stehen, bekommen wir
noch in diesem Jahr eine ver-
nünftige Rechtsgrundlage“,
so Hasse.
Die im Bericht des Parlaments,
dem Entwurf der EU-Daten-
schutzgrundverordnung, vor-
gesehenen „Mindestnormen
für die Datenverarbeitung im
Beschäftigungskontext“ stell-
ten im Unterschied zum deut-
lich weniger ambitionierten
Vorschlag der EU-Kommission
einen echten Fortschritt dar.
„Wichtig ist vor allem, dass die
Tarifpartner die Bestimmun-
gen der Verordnung weiter
konkretisieren können. Jedoch
muss das Schutzniveau auch
so hoch genug sein, denn die
größten Probleme beim Arbeit-
nehmerdatenschutz bestehen
ja gerade in Wirtschaftszwei-
gen, wo die Gewerkschafts-
macht schwach und die Tarif-
bindung gering ist.“
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