Hessen

Verschobene Besoldungsanpassung: Argumente der Landesregierung irreführend

Die Argumentation der Landesregierung bezüglich der im kommenden Jahr vorgesehenen Besoldungsanpassungen ist irreführend. Das hat der dbb Hessen am 25. November 2024 klargestellt.

„Innen- und Finanzminister sowie die Regierungsfraktionen machen nicht hinreichend klar, dass es sich lediglich um einen Standardvorgang handelt, nämlich die Übertragung eines ausgehandelten Tarifergebnisses für die Landesbeschäftigten auf die Beamten“, erläuterte der dbb Landevorsitzende Heini Schmitt. Dass im kommenden Jahr lineare Anpassungen in einer durchaus respektablen Größenordnung von 4,8 beziehungsweise 5,5 Prozent vorgesehen sind, gehe auf den Tarifvertrag für die hessischen Landestarifbeschäftigten vom März 2024 zurück, mit dem die hohen Inflationsraten der zurückliegenden Jahre ausgeglichen werden sollen.

Das Wirksamwerden der Anpassungen geschehe also nach bisheriger gesetzlicher Regelung ohnehin erst 12 bzw. 18 Monate nach Auslaufen des alten Tarifvertrags (31.01.2024) und 14 bzw. 20 Monate nach der letzten Besoldungserhöhung (01.01.2024). In der Zeit dazwischen waren lediglich Inflationsausgleichszahlungen von insgesamt max. 3.000 Euro gezahlt worden. Die Beschäftigten in Bund, Kommunen und den Bundesländern außer Hessen hatten ihre Einkommensrunden bereits 2023 abgeschlossen, und zwar in gleicher Höhe. Auch dort wurde die Übertragung der Ergebnisse auf die Beamten durchweg gesetzlich verabschiedet.

Schmitt: „Hessen ist sogar der einzige Rechtskreis bundesweit, der nun den Zeitpunkt der Besoldungserhöhung verschieben will! All das vermissen wir in der Argumentation der Landesregierung. Von der Landesregierung wird auch nicht dargestellt, dass die beabsichtigte Verschiebung der Anpassung vom 1. August 2025 auf den 1. Dezember 2025 die Inflationsausgleichszahlungen teilweise wieder aufzehrt. Damit werden den Beamten in den untersten Besoldungsgruppen rund 400 Euro bis weit über 1.000 Euro in der Spitze der A-Besoldung wieder weggenommen. Auch, dass die schwarz-grüne Landesregierung die Statusgruppen Tarifbeschäftigte und Beamte in der 19. Legislaturperiode schon einmal auseinanderdividiert hat, darf nicht verschwiegen werden. Die Nullrunde 2015 und die Anpassung 2016 um lediglich 1 Prozent bei den Beamten finden seitens der Landesregierung keinerlei Beachtung mehr, obwohl sie dem Landeshaushalt über die Jahre mehr als 2 Mrd. Einsparung brachten. Erst seit 2017 wurden die Tarifergebnisse wieder auf Beamte übertragen. „Hinzu kommt, dass nach Feststellung des Verwaltungsgerichthofs in Kassel vom November 2021 die Besoldung der hessischen Beamten als bereits seit 2013 deutlich verfassungswidrig eingestuft wurde.“

Zwar sei der Vorlagebeschluss vom BVerfG noch nicht entschieden, es bestehen jedoch keine Zweifel, dass mit den per Besoldungsgesetz 2023/2024 beschlossenen Anpassungen um 2 mal 3 Prozent die vom VGH für das Jahr 2020 festgestellte, um 24,3 Prozent zu niedrige Besoldung eines Beamten am unteren Rand des Besoldungsgefüges längst nicht repariert sei. Dies habe die Landesregierung in der Begründung des Besoldungsgesetzes 2023/2024 auch ausdrücklich selbst festgestellt und weitere Schritte für notwendig erachtet.

Dafür habe es dann auch vor der Landtagswahl konkrete und im Koalitionsvertrag wenigstens noch abgeschwächte Zusagen gegeben. „Doch schon die erste Gelegenheit, mit dem Nachtragshaushalt 2024 den nächsten Schritt zu verabschieden, wurde ausgelassen“, sagt Heini Schmitt. Die nächste Gelegenheit, das Haushaltsgesetz 2025, solle nun statt für weitere von der Verfassung dringend gebotene Erhöhungen für die in Rede stehende Verschiebung genutzt werden. „Die Landesregierung verschweigt in der jetzigen Debatte auch völlig, dass wir seit 2015 angemahnt hatten, Rücklagen zu bilden“, erinnerte Heini Schmitt. Sie stelle auch die erst in dieser Legislaturperiode

beschlossenen Mehrausgaben in Milliardenhöhe bspw. für die HeLaBa und das Hessengeld nicht einmal in Teilen auf den Prüfstand, obwohl das BVerfG einen „Quasi-Kassensturz“ verlangt habe, wenn eine Regierung die Beamten zur Haushaltskonsolidierung heranziehe.

Es könne auch nicht unwidersprochen stehenbleiben, dass die jetzige Haushaltssituation wie „scheinbar vom Himmel“ gefallen sei. Vielmehr haben alle Fakten auf eine solche Entwicklung hingedeutet, und zwar schon im letzten Jahr. „Unter all diesen Gesichtspunkten könnte man fast schon der Eindruck entstehen, dass das Besoldungsgesetz 2023/2024 lediglich eine Beruhigungspille für die Beamten vor der Landtagswahl gewesen sein soll“, erklärte Heini Schmitt. „Offenbar hofft man darauf, dass sich die Gemüter der Beamten bis zur nächsten Landtagswahl wieder beruhigen werden. Angesichts der Dimension des Vertrauensverlusts dürfte das aber wohl nicht geschehen“, prophezeit Heini Schmitt. Es könne der Landesregierung auch auf die Füße fallen, wenn das Bundesverfassungsgericht im Klageverfahren des dbb Hessen abschließend urteilen wird. „Wir gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichthofs bestätigen wird“, sagte Schmitt. Das würde bedeuten, dass sich das Land neben der nach wie vor zu leistenden Anhebung der Besoldungstabelle (um den Mindestabstand von 15 Prozent zur Grundsicherung herzustellen) zusätzlich mit erheblichen rückwirkenden Entschädigungen konfrontiert sehen wird. „Was die Beamten ebenfalls nun alarmiert und aufgebracht hat, ist die Unverfrorenheit, mit der ein wenige Monate zuvor beschlossenes Gesetz in Teilen wieder einkassiert werden soll. Wenn die verabschiedeten Gesetze nach so kurzer Zeit nicht mehr gelten sollen, ist das ein höchst alarmierendes Signal, dass möglicherweise auch andere Gesetze nach Kassenlage einkassiert werden könnten. Das könnte der Anfang eines echten Dammbruchs sein. Von dem verheerenden Signal auf die Bürgerinnen und Bürger sowie auf die jungen Menschen, die vor der Entscheidung stehen, eine Beamtenlaufbahn in Hessen anzustreben, ganz zu schweigen.“

 

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