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PKV: Mehr Planungssicherheit für Beihilfeempfänger schaffen

Für mehr Transparenz und eine sachgerechte Weiterentwicklung des Beitragssystems der privaten Krankenversicherung hat sich dbb Vize Schäfer ausgesprochen.

„Im Gegensatz zur umlagefinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung sind die Beiträge in der privaten Krankenversicherung nach dem Kapitaldeckungsprinzip ausgestaltet und werden nicht durch Steuerzuschüsse unterstützt. In der Folge steigen die Beiträge für beihilfeberechtigte Beamtinnen und Beamte nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft an und das ist für die Versicherungsnehmenden weder zumutbar noch nachvollziehbar. Hier brauchen wir dringend mehr Transparenz und eine Umstellung des gesetzlich vorgegebenen Anpassungsmechanismus“, sagte Friedhelm Schäfer, dbb Vize und Fachvorstand Beamtenpolitik, am 22. März 2022 beim dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST digital zum Thema „Beitragssprünge in der PKV – muss das sein?“.

Das bewährte Zusammenspiel von Beihilfe und privater Krankenversicherung müsse auch zukünftig eine attraktive und leistungsstarke Absicherung garantieren. „Dabei müssen Sonderbelastungen wie durch den befristeten überproportionalen Corona-Zuschlag, Kostenbelastungen für untere Besoldungsgruppen sowie bei besonderen Familiensituationen und bei temporären Veränderungen des Dienstumfangs vermieden werden“, betonte Schäfer.

Über sachgerechte Maßnahmen zur Weiterentwicklung der privaten Krankenversicherung diskutierte dbb Vize Schäfer mit dem Debeka-Vorstand und stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Aktuarvereinigung, Roland Weber und dem Direktor des PKV-Verbandes, Dr. Florian Reuther. Im fachlichen Austausch wurde unter anderem beleuchtet, wie sich die Beiträge in der privaten Krankenversicherung grundsätzlich zusammensetzen, was die maßgeblichen Faktoren dafür sind und wie sich diese langfristig entwickeln. Zentraler Fokus lag hierbei auf der Situation beihilfeberechtigter Beamtinnen und Beamten und auf der Beitragsentwicklung für die ergänzende PKV. Thematisiert wurden auch Besonderheiten bei der Beitragsentwicklung, die sich aus unterschiedlichen Beihilfebemessungssätzen für Beamte, Versorgungsempfänger und Familien ergeben.

Roland Weber bezeichnete die private Krankenversicherung als „nachhaltig finanziert und resistent gegen demografische Verwerfungen“, da sie einkalkuliere, dass ältere Versicherte mehr Leistungen benötigten als jüngere und da sie stabile Altersrückstellungen bilde - derzeit in Höhe von 300 Milliarden Euro.

Weber umriss das Kapitaldeckungsverfahren der PKV, in dem jeder Jahrgang die bis zum Lebensende insgesamt anfallenden Versicherungsleistungen mit eigenen Beiträgen decken muss. In diesem System gebe es keine Beitragserhöhungen nur aufgrund des Älterwerdens. Der Leistungsbedarf der Versicherten sei anfangs niedriger, so dass ein großer Teil des Beitrags der Alterungsrückstellung zugeführt und für das Alter verzinslich angespart werden könne.Das spiegele sich auch im Vergleich der Beitragsentwicklung zwischen GKV und PKV wider: Während die Beiträge in der GKV von 2012 bis 2022 um 3,3 Prozent gestiegen seien, habe die Steigerung in der PKV nur bei 2,6 Prozent gelegen. Dass Beitragserhöhungen in der PKV von den Versicherten jedoch immer als „empfindliche Sprünge“ wahrgenommen würden liege darin begründet, dass „veraltete gesetzliche Vorgaben“ in der PKV Anpassungen eben nur sprunghaft erlaubten, während die Beiträge der GKV kontinuierlich angepasst würden.

Dennoch gebe es gute Nachrichten für PKV-Versicherte: „Während der größte Teil der zinsinduzierten Beitragssteigerungen in der PKV bereits hinter uns liegt, stehen die Belastungen in der GKV aufgrund der Demografie noch bevor. Darüber hinaus stabilisieren gesetzliche Mechanismen bei Versicherten ab 60 Jahren die Beiträge und sorgen ab 65 sogar für leichte Entlastungen“, so der Versicherungsmathematiker, der die GKV systembedingt künftig mit größeren Problemen konfrontiert sieht als die PKV.

Das bedeute jedoch nicht, dass es für die PKV keinen Reformbedarf gebe. So müsse die Beitragsentlastung im Alter auch langfristig sichergestellt werden. Weiter sei der Gesetzgeber gefordert, den Weg für eine Verstetigung der Beitragsanpassungen zu sorgen, um künftig Beitragssprünge zu vermeiden. Darüber hinaus gelte es, die Gebührenordnung zu modernisieren und die PKV-Sozialtarife zu verbessern.Im Gesundheitswesen müssten PKV-Versicherte in gleichem Maße von Impulsen der Digitalisierung profitieren können wie GKV-Versicherte, zum Beispiel, indem elektronische Patientenakten teure Mehrfachdiagnosen oder -behandlungen vermieden. Darüber hinaus müsse Bürokratie im Gesundheitssystem und in den Arztpraxen abgebaut werden. Ebenso gehe es um eine Neuordnung der Krankenhauslandschaft sowie eine Defragmentierung der Sektoren des ambulanten und stationären Gesundheitswesens. „Bislang steigen die Kosten im gesamten Gesundheitswesen regelmäßig stärker als das Bruttoinlandsprodukt. Gesundheit ist uns lieb, aber sie ist auch teuer“, so Weber.Mit Blick auf Bestrebungen, eine Bürgerversicherung einzuführen oder die PKV für Beamtinnen und Beamte durchlässiger zu machen, wie es etwa das „Hamburger Modell“ vorsieht, relativierte Weber die Erwartungen: „Im Hamburger Senat zum Beispiel hat man sich sicher mehr von dem Öffnungsmodell versprochen, denn so groß wie erwartet war der Zuspruch nicht. Vor allem kommt die Idee den Senat letztlich teurer, weil sich vor allem junge Beamtinnen und Beamte dafür entschieden haben, die mehr Zuschüsse erhalten als ältere Versicherte.“ Die Mehrheit der Beamten bleibe der PKV treu, „denn sie wissen, was sie an der privaten Krankenversicherung haben.“

Dr. Florian Reuther wies Behauptungen zurück, die privaten Versicherungsunternehmen legten zu wenig Wert auf eine nachvollziehbare Kommunikation ihrer Beitragsgestaltung. „Nicht zuletzt durch die Gesetzgebung des BGH sind wir verpflichtet, den Versicherten die für die Beitragsanpassung maßgeblichen Gründe mitzuteilen. Entsprechend wurde auch bei der Beitragsanpassung für 2022 verfahren. Wir informierten die Kunden nicht nur darüber, dass sie mehr zahlen müssen, sondern haben auch die Gründe, die hinter der Beitragserhöhung stehen, offen dargelegt.“Dennoch sieht Reuther Reformbedarf im PKV-System: Wir benötigen zeitgemäße gesetzliche Vorgaben. In diesem Punkt sind wir sind uns mit den Verbraucherschützern einig, die uns auch unterstützen. Uns geht es jetzt darum, eine stetigere Beitragsentwicklung zu bekommen.“

Ein Vorhaben, das mit der neuen Bundesregierung nicht so leicht umgesetzt werden könne, räumte der Chef des PKV-Verbandes ein. „SPD und Grüne wollen nichts tun, was der PKV nützt, auch, wenn sie im aktuellen Koalitionsvertrag von der Einführung einer Bürgerversicherung Abstand genommen haben. Aber wir bleiben dran, und hoffen, dass Herr Lauterbach über seinen Schatten springt und bereit ist, die berechtigten Interessen der PKV anzuerkennen.“Nach seiner Einschätzung sei es aber wenig wahrscheinlich, dass die Gesundheitspolitik letztlich doch noch in der Einführung einer der Bürgerversicherung gipfele, so Reuther. „Bürgerversicherung ist eine schöne Überschrift. Doch selbst ihre Befürworter räumen ein, dass mindestens drei oder vier Legislaturperioden nötig wären, eine Änderung herbeizuführen. Und klar ist auch, dass alles, was die Politik jetzt unternimmt, erst in Zukunft wirken könnte, weil die privatrechtlichen Verträge unserer Versicherten Vertrauensschutz genießen.“

Die weit verbreitete Annahme, dass die Beiträge der Versicherten im Alter steigen, bezeichnete der PKV-Verbandschef als unzutreffend. „Diesbezüglich kann man das 60. Lebensjahr als Wendemarke betrachten: ab diesem Alter ist die Beitragsentwicklung stabil. “Wer als junger Versicherter Vorsorge gegen den Beitragsanstieg im mittleren Lebensalter treffen möchte, habe zudem die Möglichkeit, einen Beitragsentlastungstarif abschließen, in dem eine zusätzliche Prämie entrichtet werden kann. „Das ist vor allem für Selbständige und Angestellte interessant. Für die Selbständigen, weil sie im Alter häufig weniger Geld zur Verfügung haben, als zu ihren Erwerbszeiten und für die Angestellten, weil solche Tarife von den Arbeitgebern mitfinanziert werden. Eine weitere Möglichkeit bietet das Tarifwechselrecht. Diese wird jedem Versicherten eingeräumt.“Mit Blick auf die die Corona Pandemie stellte Reuther klar, dass auch die PKV ihren Teil bei der Bewältigung der Krise beigetragen habe: „Wir haben mit dem Gesundheitsministerium, der Ärztekammer und der Zahnärztekamme Hygienepauschalen abgeschlossen. Damit haben wir den Ärzten im ambulanten Bereich ermöglicht, ihren Praxisbetrieb aufrecht zu erhalten, damit das öffentliche Gesundheitssystem weiter funktionieren konnte. Wir haben uns an den Rettungsschirmen im Bereich der Krankenhaus-Versorgung beteiligt, und tun es noch bei der Pflegversicherung.“ Im Ganzen sei in der Pandemie ein Betrag aufgelaufen, der weit über einer Milliarde Euro liege: „Genau wissen wir das noch nicht.“

 

 

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