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Personalmangel und Aufgabendruck

Norbert Schnedl ist Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Hier schildert er Herausforderungen für den Öffentlichen Dienst in Österreich.

Der Öffentliche Dienst ist für das Funktionieren des Gemeinwesens unabdingbar. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Wohlstand sind nur durch qualitativ hochwertige öffentliche Verwaltungsleistungen auf allen Ebenen sicherzustellen. Gerade die krisenhaften Situationen seit Beginn der Coronapandemie haben gezeigt, wie wichtig die öffentliche Verwaltung getragen von den vielen bestens ausgebildeten und höchst motivierten und engagierten Kolleginnen und Kollegen ist. Der Öffentliche Dienst sorgt für einen unparteiischen, objektiven und rechtsstaatlichen Normenvollzug. Das ist ein hoher Wert an sich.

Trotz der bereits angesprochenen enormen Herausforderungen in den vergangenen Jahren haben unsere Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen ihr Bestes gegeben und für das Funktionieren aller staatlichen Institutionen gesorgt. Personalnot in allen Bereichen, immer mehr und komplexere Regelungen, digitale Transformation und budgetärer Engpässe wirken sich negativ auf die Arbeitssituation aus. Nur durch die hohe Einsatzbereitschaft aller im Öffentlichen Dienst Beschäftigten konnte und kann das hohe Qualitätsniveau gehalten werden.

Personalnot

Um die Personalnot zu lindern, sind seitens der Politik dringend Maßnahmen zur Attraktivierung des Öffentlichen Dienstes zu setzen. Moderne Arbeitsbedingungen, ein professionelles Arbeitsumfeld, technische Ausstattung auf der Höhe der Zeit und gute Bezahlung sind unumgänglich. Der Wettbewerb um die besten Köpfe hat längst begonnen und der Öffentliche Dienst muss am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig sein. In Österreich treten in den nächsten zehn Jahren etwa 50 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand. Diese enorme Pensionierungswelle ist durch verfehlte Personalpolitik (restriktive Aufnahmepolitik) in den letzten Jahrzehnten entstanden. Daher ist dringend eine Aufnahmeoffensive samt Attraktivierungsmaßnahmen erforderlich. Mit dieser Pensionierungswelle ist auch ein enormer „Braindrain“ in der öffentlichen Verwaltung verbunden. Ein wertvoller Erfahrungsschatz ist zu sichern. Wissensmanagement darf auch für den Öffentlichen Dienst kein Fremdwort sein. Sowohl digital als auch analog sind Systeme zu schaffen, die einen geordneten Wissensübergang sicherstellen.

Eines darf nicht außer Acht gelassen werden:

Die mittlerweile prekäre Personalsituation sowie der enorme Druck durch ständig steigende Aufgaben wirken sich negativ auf die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes aus, wodurch es immer schwieriger wird am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein.

Digitale Transformation

Im europäischen Vergleich nimmt Österreich bei digitalen Verwaltungsservices eine führende Rolle ein. Wir erzielen bei Indikatoren im Bereich „digitale öffentliche Dienste“ hervorragende Werte laut dem „Digital Economy and Society Index 2022“ (DESI-Index) der EU. Das ist der Verdienst aller Kolleginnen und Kollegen, die Digitalisierung auch als Chance begreifen. Denn Digitalisierung lebt von der Gestaltung, Betreuung und Weiterentwicklung der angewendeten Programme und Systeme. Aufbau- und Ablaufstrukturen spielen dabei eine zentrale Rolle. Digitale Transformation kann nur gelingen, wenn die Akzeptanz nach innen und nach außen vorliegt. Deshalb ist die Einbindung aller Kolleginnen und Kollegen, der Personalvertretung und Gewerkschaft bereits im Planungsstadium ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Auch eine moderne technische Ausstattung ist für einen erfolgreichen Weg notwendig.

Künstliche Intelligenz wird auch in der öffentlichen Verwaltung tiefgreifende Veränderungsprozesse auslösen. Aber auch hier gilt: Systeme werden von Menschen gestaltet und die notwendigen Begrenzungen, Datenschutzstandards und Funktionalitäten müssen sicherstellen, dass alle profitieren und gleichzeitig unsere Kolleginnen und Kollegen deutliche Entlastungen erfahren.

Budgetrestriktionen

Nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das allen zugutekommt und funktionierende staatliche Strukturen in allen Bereichen hängen unmittelbar zusammen. Die Verantwortung der Politik liegt darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein qualitativ hochwertiges und professionelles Arbeiten für unsere Kolleginnen und Kollegen möglich machen. Dazu gehört auch die Zurverfügungstellung von ausreichend Personal und Sachressourcen. Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, gleiche und faire Bedingungen für alle Teilnehmenden am Wirtschaftsleben, ein gutes Bildungssystem, ein bestens funktionierendes Gesundheitssystem, gut ausgebaute soziale Sicherungssysteme und ein sozialer Ausgleich, damit alle vom Wachstum profitieren können, sind keine Selbstverständlichkeit. Letztendlich sind Investitionen in die öffentliche Verwaltung sinnvolle und notwendige Investitionen in die Zukunft. Ein Staat, der Infrastruktur, öffentliche Verwaltung und Sicherheitsstrukturen vernachlässigt, verspielt Zukunftschancen und begibt sich auf gefährliche Pfade.

Unsere Forderungen an die Politik umfassen Lösungsvorschläge für diese wichtigen Bereiche. Die politische Ebene weiß ganz genau, dass unsere Kolleginnen und Kollegen bereit sind, für ihre Interessen gemeinsam einzustehen. Das ist unsere Stärke!

 

Der Autor ist Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Vizepräsident der Europäischen Union Unabhängiger Gewerkschaften (CESI) und Präsident von EUROFEDOP (Europäische Föderation der Öffentlich Bediensteten). Der promovierte Publizist und Politologe begann seine Beamtenlaufbahn bei der österreichischen Gendarmerie, war später u.a. im Bundeskanzleramt für Verwaltungsreform zuständig und zuletzt im Bundesfinanzministerium tätig.

 

 

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