Konzept für ein modernes Berufsbeamtentum
Flexibel, digital, gut bezahlt?!
Wie bindet der öffentliche Dienst seine Mitarbeitenden? Dieser Frage ist die dbb jugend in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam nachgegangen. Hier gibt's die Studienergebnisse.
Was steigert die Mitarbeiterbindung von Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst? Welche Faktoren haben eine zentrale Bedeutung? Und welche lassen sich in der Gesamtbetrachtung eher vernachlässigen? So lauten die drei Leitfragen der Studie Flexibel, digital, gut bezahlt?! Wie der öffentliche Dienst seine Mitarbeitenden bindet. Durchgeführt hat sie die Universität Potsdam in Kooperation mit der dbb jugend. Die dadurch entstandene empirische Begleitung des dbb jugend-Konzepts „Modernes Berufsbeamtentum“ ermöglicht es, die aufgestellten Forderungen mit den Ergebnissen abzugleichen und zu reflektieren. Im Kurzinterview blicken Prof. Dr. Isabella Proeller, welche die wissenschaftliche Leitung innehatte, und Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend, auf die Studienergebnisse.
Was sind die zentralen Erkenntnisse?
Prof. Isabella Proeller: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass extrinsische und materielle Anreize maßgeblich dafür sind, wie attraktiv die Beschäftigten ihre Stelle empfinden. Dabei spielen vor allem die Bezahlung, die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, Arbeitszeitflexibilisierung und der Pensionsanspruch eine große Rolle. Bemerkenswert ist, dass starre Hierarchien und Bürokratie im Großen und Ganzen nicht darüber entscheiden, ob jemand sich einen anderen Job sucht und kündigt. Aber: Das Engagement beeinträchtigen sie durchaus.
Matthäus Fandrejewski: Ich bin erleichtert, dass starre Hierarchien und Bürokratie die Beschäftigten nicht im großen Stil vergraulen. Diese Erkenntnis hat mich überrascht. Natürlich muss sich der öffentliche Dienst trotzdem moderner aufstellen, damit das auch so bleibt und wir die Motivation der Beschäftigten verbessern. Vor allem kommt es aber darauf an, dass wir uns als dbb jugend für die Faktoren einsetzen, die den Ausschlag geben, ob sich jemand für einen Job im öffentlichen Dienst entscheidet. Bezahlung, mobiles Arbeiten und Flexibilität sind die Knackpunkte, um den Wettbewerb um die Fachkräfte der Zukunft zu gewinnen.
Wie sind Sie zu den Ergebnissen gekommen?
Prof. Isabella Proeller: Die Datenerhebung fand im Zeitraum von April 2023 bis Juli 2023 statt. Zunächst haben wir uns über Fokusgruppeninterviews ein Bild davon gemacht, welche Probleme die Beschäftigten wahrnehmen und wo Änderungswünsche bestehen. Um diese angemessen gewichten zu können, führten wir unter den Mitgliedern der dbb jugend zwei Online-Umfragen durch. Bei der Methode handelt es sich um die sogenannte „Conjoint-Analyse“, mit der man die relative Wichtigkeit eines Merkmals im Verhältnis zu anderen Merkmalen ermitteln kann. Auf dieser Grundlage entstanden die endgültigen Fragebögen, die die Mitglieder der dbb jugend beantworteten. An der „Conjoint-Analyse“ nahmen 330, an der zweiten Umfrage 363 Befragte teil.
Matthäus Fandrejewski: Ich freue mich sehr über die rege Beteiligung der Fachgewerkschaften. Unsere Mitglieder bewegen sich tagtäglich im öffentlichen Dienst und wissen, wovon sie sprechen. Diese Expertise ist von unschätzbarem Wert.
Wie geht es weiter?
Prof. Isabella Proeller: Der Lehrstuhl für „Public and Nonprofit Management“ bleibt am Ball. Wir freuen uns, wenn wir wissenschaftliche Grundlagen für nachhaltige Entscheidungen beisteuern können.
Matthäus Fandrejewski: Wir als Gewerkschaft lassen die Erkenntnisse in unsere politische Arbeit einfließen und geben alles, um die Verbesserungen zu erreichen, auf die es für die Beschäftigten wirklich ankommt. Das gilt vor allem in Hinblick auf die Einkommensrunden.
Zu den Personen
Matthäus Fandrejewski ist Vorsitzender der dbb jugend, der Jugendorganisation des dbb beamtenbund und tarifunion. Mit mehr als 150.000 Mitgliedern ist die dbb jugend einer der größten Jugendgewerkschaftsverbände in Deutschland. Sie vertritt die Interessen junger Beschäftigter im öffentlichen Dienst und bei den privatisierten Dienstleistern wie Bahn und Post.
Prof. Dr. Isabella Proeller ist Inhaberin des Lehrstuhls für Public und Nonprofit Management an der Universität Potsdam. Zu ihren Forschungsgebieten zählen strategische Steuerung im öffentlichen Sektor, Steuerungs- und Führungsmechanismen der Verwaltung, Performance Management sowie internationale Verwaltungsreformen.