AG Europa
Bundestagswahl: Wie positionieren sich die Parteien zur Europäischen Union?
Die AG Europa hat sich die Bundestagswahlprogramme der Parteien unter dem Aspekt Europa näher angeschaut. Hier das Ergebnis.
CDU/CSU
Digitalisierung: Rechtssicheres und flexibles mobiles Arbeiten innerhalb der EU; Einführung einer europaweit gültigen digitalen Ausweisfunktion sowie Einrichtung eines europäischen digitalen Binnenmarkts mit europäischer Cloud sowie europäischen Speicher- und Rechenkapazitäten
Migration: Änderung des europäischen Asylrechts unter Wahrung der humanitären Verantwortung; Asylverfahren in sicheren Drittstaaten; Abschaffung subsidiärer Schutzstatus; Erhöhung Zahl der Rückführungen; Ausweitung der Kompetenzen der Bundespolizei; wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen; Mehr Personal und Befugnisse für Frontex; echte europäische Sicherheitsunion schaffen; Belastungen stoppen wie Regulierung für nachhaltige Investitionen und Nachhaltigkeitsberichterstattung
Sicherheit und Verteidigung: Mehr Zusammenarbeit und Produktion von Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Europa; weitere Unterstützung der Ukraine und Aufzeigen einer Perspektive; Aufbau eines europäischen Raketenabwehrschirms; Aufbau einer Drohnenarmee; mehr Verantwortung in der NATO übernehmen; Zusammenarbeit bei europäischen Forschungsaktivitäten
Wirtschaft und Energie: Weniger Bürokratie und mehr Wettbewerbsfähigkeit; „One in, two out“; Einführung „EU-Forechecking“, um in Brüssel früher, strategischer und erfolgreicher bei europäischen Rechtsakten mitzuwirken; Regelungen, die über europäisches Recht hinausgehen, werden zurückgenommen; modernes Kartell- und Wettbewerbsrecht; neue Energie- und Rohstoffpartnerschaften, pragmatische Handelsabkommen; Abhängigkeiten verringern: Ausbau der Produktion von Halbleitern und Batteriezellen in Europa; Schaffung eines echten europäischen Energiebinnenmarkts; Anpassung der europäischen Definition von kleinen und mittleren Unternehmen; Geldwertstabilität wahren, Inflation verhindern; Abschaffung Verbandsklagerecht bei Infrastrukturvorhaben
Zusammenarbeit im EU-In- und Ausland: Rechtsstaatlichkeit in Europa verteidigen; Dialog mit Nachbarstaaten vertiefen; Freundschaft zu Frankreich und Polen ist von überragender Bedeutung; Zusammenarbeit bei Energie, Verkehr und Stopp illegaler Migration; eigenständige europäische China-Politik, die eng mit den USA abgestimmt ist
SPD
Ein starkes Europa und gemeinsame Werte. Europa muss global geeint auftreten, um seine Interessen und Werte zu vertreten. Der russische Angriff auf die Ukraine wird als Angriff auf den Frieden in Europa gesehen, der eine entschlossene Reaktion erfordert. Rechtspopulismus innerhalb der EU gefährdet die Grundwerte und Handlungsfähigkeit der Union.
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion und Förderung der Kooperation in der Verteidigungsindustrie. Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO und Förderung gemeinsamer Rüstungsprojekte (z. B. deutsch-französische Zusammenarbeit). Einführung einer koordinierten europäischen Rüstungsexportpolitik, die sich an gemeinsamen Werten orientiert.
EU-Erweiterung. Unterstützung der westlichen Balkanstaaten, der Ukraine und Moldau bei der Integration in die EU.
Klare Position gegen Grenzverschiebungen und für den Wiederaufbau der Ukraine.
Stärkung demokratischer Kräfte in Nachbarstaaten wie Georgien.
Rechtsstaatlichkeit und Werte. Konsequente Maßnahmen gegen Mitgliedstaaten, die EU-Grundwerte verletzen, einschließlich finanzieller Sanktionen. Forderung nach einem Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention.
Institutionelle Reformen. Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat zugunsten von Mehrheitsentscheidungen.
Vorbereitung auf Vertragsreformen zur Erhöhung der Handlungsfähigkeit der EU.
Internationale Beziehungen. Verstärkung traditioneller Allianzen, insbesondere mit Frankreich und Polen.
Verbesserung der Beziehungen zum Vereinigten Königreich und Förderung eines breiteren bilateralen Abkommens.
Festigung der transatlantischen Partnerschaft mit den USA, jedoch mit einem Fokus auf mehr europäische Eigenständigkeit.
Das Ziel ist ein souveränes, geeintes und handlungsfähiges Europa, das sowohl nach innen als auch nach außen entschlossen agieren kann.
Grüne
Wirtschaftliche Integration. Die EU wird als zentraler Markt hervorgehoben, mit einem Binnenmarkt, der 450 Millionen Menschen umfasst. Sie sichert Deutschlands wirtschaftliche Stabilität und eröffnet Handelsmöglichkeiten.
Friedenssicherung. Die EU gilt als das erfolgreichste Friedensprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg und schützt die demokratischen Werte, die auch Deutschland stützen.
Klimaschutz und Innovation. Der europäische Green Deal wird als entscheidend für den Übergang zu klimafreundlichen Technologien und wirtschaftlicher Modernisierung gesehen.
Politische Zusammenarbeit. Die EU wird als Fundament für multilaterale Lösungen und eine regelbasierte internationale Ordnung angesehen. Sie stärkt Deutschlands geopolitische Position durch kollektive Entscheidungen.
Geopolitische Stabilität. Europa bietet Deutschland eine stabile geopolitische Nachbarschaft. Die Zusammenarbeit in der EU schützt vor internationalen Spannungen und ermöglicht eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, insbesondere in der NATO.
Gemeinsame Herausforderungen. Die EU dient als Plattform zur Bewältigung von Herausforderungen wie Klimawandel, Migration und digitaler Transformation, die Deutschland allein nicht bewältigen könnte.
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Europa stärkt demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland durch gemeinsame Standards und Werte.
Wirtschaftliche Führungsrolle. Als größte Volkswirtschaft Europas trägt Deutschland wesentlich zur Stabilität und zum Wohlstand der EU bei. Es hat eine besondere Verantwortung, den europäischen Binnenmarkt zu fördern und Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben.
Politischer Motor. Deutschland wird als zentraler Akteur bei der Gestaltung und Umsetzung von EU-Reformen angesehen, wie dem Green Deal, der Erweiterung der EU und der Bewältigung geopolitischer Herausforderungen.
Solidarität und Verantwortung. Deutschland wird als verlässlicher Partner für die Stärkung der EU gesehen, insbesondere bei Themen wie Migration, Klimaschutz und Sicherheitskooperation.
Das Programm unterstreicht, dass Deutschland und die EU untrennbar miteinander verbunden sind, und sieht die EU als Schlüssel zur Sicherung von Frieden, Wohlstand und Nachhaltigkeit in Deutschland und Europa. Gleichzeitig betont es Deutschlands Verantwortung, eine führende Rolle in der EU zu übernehmen, um diese Ziele zu verwirklichen.
FDP
Digitalisierung: europäischer AI-Act innovationsfreundlicher gestalten
Migration: Schutz der Außengrenzen; Bekämpfung irregulärer Migration und Schleuserkriminalität; Migrationsabkommen
Verteidigung: Entwicklung einer europäischen DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), eine agile Verteidigungsforschungsanstalt nach amerikanischem Vorbild; Ausbau von Europol zu einem echten Europäischen Kriminalamt; umfängliche Unterstützung für die Ukraine mit unverzüglicher Lieferung des Marschflugkörpers Taurus; Übernahme größerer Verantwortung für die eigene Verteidigung und jener unserer Bündnispartner; Stärkung der NATO; Aufbau einer Europäischen Armee
Wirtschaft: weniger Bürokratie; Abschaffung EU-Lieferkettenrichtlinie und Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft; Verwendung von Bitcoin als Währungsreserven von EZB und Deutscher Bundesbank; Absenkung der Stromsteuer auf Mindestmaß und perspektivisch Abschaffung; keine Schulden auf europäischer Ebene; europäischer Emissionshandel als Leitinstrument der Klimapolitik; mehr Freihandel wagen; bilaterale wirtschaftliche Kooperation ausweiten, z.B. freihandelsähnliches Abkommen mit Taiwan
Zusammenarbeit: institutionelle Reformen innerhalb der EU; Förderung auswärtiger Kultur- und Gesellschaftspolitik (AKGP); wirtschaftliche Abhängigkeiten gegenüber China identifizieren und reduzieren; tiefere Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich; EU-Erweiterung anhand klarer Kriterien
Linke
Demokratie in der EU. Das Europäische Parlament soll ein volles Initiativrecht erhalten, um eigene Gesetzesvorschläge einzubringen. Entscheidungen sollen primär vom Europaparlament getroffen werden, nicht von exekutiven Gremien wie der Kommission, der Eurogruppe oder dem Rat. Die Hürden für europäische Bürgerinitiativen sollen gesenkt und EU-weite Volksentscheide ermöglicht werden. Alle Menschen in der EU sollen gleiche Rechte genießen, unabhängig davon, in welchem Land sie leben.
Stärkung der Regionen und Reformen EU 27. Der Ausschuss der Regionen soll gestärkt und besser in die Entscheidungsstrukturen der EU eingebunden werden, um lokale Perspektiven einzubringen. Reformen der EU-27 werden gefordert, um die EU erweiterungsfähig zu machen. Beitrittshilfen sollen Ländern helfen, soziale, ökologische und demokratische Standards zu erfüllen.
Friedenspolitik statt Militarisierung. Klare Ablehnung der weiteren Aufrüstung und Militarisierung der EU. Die Grenzschutzagentur Frontex soll in eine europäische Rettungsmission umgewandelt werden. Die EU soll dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und sich für Abrüstung sowie die Vernichtung von Atomwaffen einsetzen. Die Bundeswehr soll eine Verteidigungsarmee werden.
BSW
Wirtschaft / Energie. Entweder Globalisierung des europäischen Emissionshandels oder Abwendung Deutschlands von dessen Umsetzung. Wenn sich Deutschland an der Umsetzung des europäischen Emissionshandels nicht mehr beteiligt, soll auf EU-Ebene für dessen Abschaffung geworben werden.
Frieden / Sicherheit. Stabile Sicherheitsarchitektur für Europa, die längerfristig auch Russland einschließen sollte. Abrüstung und Rüstungskontrollen. Verbot von Rüstungsexporten in Kriegsgebiete. Generelles Verbot von Atomwaffen (Vorschlag der UNO). EU als Friedensvermittler, Streichung geplanter europäischer Investitionen für den Krieg. Keine weitere Zentralisierung von Macht der EU-Kommission, Rückverlagerung der Kompetenzen in die Mitgliedsstaaten. EU-Erweiterungsstopp, auch für die Ukraine.
Flucht / Migration. Reformation des europäischen Asylrechts, Durchführung von Asylverfahren außerhalb der EU (in sichern Drittstaaten).
Digitalisierung. Entwicklung und Einsatz einer Open-Source-Software als eigenständige europäische digitale Infrasturktur.
AfD
Digitalisierung
Ablehnung zentralistischer EU-Regulierungen. Die AfD lehnt den EU-Digital Services Act, Ethik-Leitlinien für KI und den Artificial Intelligence Act ab und fordert nationale Lösungen. Sie sieht darin einen Eingriff in die digitale Souveränität Deutschlands.
Datenschutz. Forderung nach Abschaffung der DSGVO zugunsten eines schlankeren, nationalen Datenschutzgesetzes. Kritik an EU-Überwachungsansätzen wie Social Scoring.
Digitale Souveränität. Forderung nach nationaler Eigenständigkeit durch Open-Source-Technologien und Eigenentwicklungen, statt Abhängigkeit von EU-Initiativen.
Migration
Nationalisierung der Asylpolitik. Die AfD fordert, die Kontrolle über Zuwanderung von der EU-Ebene zurückzuholen. Sie lehnt jegliche EU-weite Verteilungssysteme und gemeinsame Asylpolitik ab.
Rückführungspolitik. Aufbau einer „umfassenden Rückführungsoffensive“, die auch auf europäischer Ebene verstärkt werden soll.
Ablehnung der EU-Migrationspolitik. Die Partei kritisiert die EU-Migrationspakete und fordert, diese zu unterbinden, um nationale Entscheidungshoheit zu bewahren.
Sicherheit und Verteidigung
Souveräne Außenpolitik. Forderung nach einem Ende der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU zugunsten nationaler Entscheidungsfreiheit.
Ablehnung militärischer EU-Strukturen. Die AfD spricht sich gegen eine EU-Armee aus und plädiert für eine unabhängige Bundeswehr.
Wirtschaft und Energie
Austritt aus dem Euro-System. Die AfD fordert den Austritt Deutschlands aus der Eurozone und die Rückkehr zur D-Mark, um wirtschaftliche Unabhängigkeit zu sichern.
Abschaffung von EU-Schuldenmechanismen. Kritik an der gemeinsamen Schuldenaufnahme der EU und Forderung nach einer Rückkehr zu rein nationalen Finanzierungsmechanismen.
Energiepolitik. Kritik an EU-Vorgaben wie dem „Green Deal“ und dem CO2-Grenzausgleich. Die Partei fordert die Beendigung der Subventionen für erneuerbare Energien und eine stärkere Nutzung von Kohle und Kernkraft.
Zusammenarbeit im EU-In- und Ausland
Europa der Vaterländer. Forderung nach einem lockeren Bund souveräner Staaten statt einer „zentralistischen EU“. Die AfD strebt eine Reform der EU in Richtung einer loseren, intergouvernementalen Zusammenarbeit an.
Kritik an supranationalen Strukturen. Forderung nach der Rückübertragung von Kompetenzen von der EU auf die Nationalstaaten.
Handelspolitik. Ablehnung wirtschaftsschädlicher EU-Sanktionen und ein stärkerer Fokus auf bilaterale Handelsabkommen, die deutsche Interessen priorisieren.