mittlerweile flächendeckend
eingeführt – allerdings gibt es
auch hier noch Probleme bei
der Umsetzung“, erklärt Geyer.
Auf der Habenseite sieht Geyer
auch Telekom und Post gut
aufgestellt, was den Zusam-
menhang vom Arbeitsmarkt
und Mindestlohn betrifft:
„Hier hat die Einführung des
Mindestlohns zu keinen nega-
tiven Auswirkungen geführt.
Das Gleiche kann auch für den
Bereich der Call-Center konsta-
tiert werden. Dort sind mehr
sozialversicherungspflichtige
Arbeitsplätze geschaffen wor-
den und es werden nach wie
vor Fachkräfte gesucht – trotz
Mindestlohn.“ Kritisch sieht
der Gewerkschafter allerdings
Tendenzen, dass der Mindest-
lohn von Firmen „ausgetrickst“
wird, besonders in Betrieben
ohne Betriebsrat: „Es ist davon
auszugehen, dass der Arbeitge-
ber in Betrieben ohne Betriebs-
rat immer wieder versucht, die
gesetzlich vorgeschriebene
Zahlung des Mindestlohns
durch Lohnkürzungen an ande-
rer Stelle zu ,refinanzieren‘. Be-
zogen auf den Call-Center-Be-
reich bedeutet dies, dass eine
Lohnerhöhung durch Einfüh-
rung des Mindestlohns nicht
eins zu eins in den Portemon-
naies der Beschäftigten an-
kam, da gleichzeitig andere
leistungsorientierten Vergü-
tungsbestandteile gekürzt
wurden. Diese Vorgehensweise
ist sogar in den Betrieben zu
beobachten, die einen Be-
triebsrat haben.“
Für die DPVKOM stehe jedoch
fest, dass auch dort, wo keine
betrieblichen Interessenvertre-
ter vorhanden sind, Mindest-
lohn gezahlt werden müsse.
Dessen ungeachtet stelle der
Mindestlohn nur eine Min-
destabsicherung dar. „Bessere
Löhne und kontinuierliche
Lohnerhöhungen werden am
ehesten durch Tarifverträge
erzielt, die von den Gewerk-
schaften ausgehandelt wer-
den. Vor allem in der Call-Cen-
ter-Branche, in der es keine
Tarifverträge gibt, ist es daher
überaus wichtig, dass sich die
Beschäftigten in einer Gewerk-
schaft zusammenschließen –
am besten natürlich in der
DPVKOM“, empfiehlt Geyer.
Im Großen und Ganzen jedoch
sei der Mindestlohn eine Er-
folgsgeschichte, an der die
DPVKOMmaßgeblich beteiligt
war. Dennoch könne man ein
gutes Gesetz noch besser ma-
chen, so Geyer: „Es muss ge-
währleistet werden, dass der
Mindestlohn auch wirklich bei
den Beschäftigten ankommt.
Außerdem ist es wichtig, dass
die Zahlung des Mindestlohns
nicht durch die Beschäftigung
von Scheinselbstständigen um-
gangen wird. Hier muss der
Gesetzgeber tätig werden.
Darüber hinaus ist sicherzu-
stellen, dass die Zahlung des
Mindestlohns durch den Zoll
überprüft wird und Verstöße
gegen das Mindestlohngesetz
geahndet werden.“
<<
Zoll im Fokus
Die Kolleginnen und Kollegen
vom Zoll sind viel beschäftigt:
Die Erhebung der Kraftfahr-
zeugsteuer, die Kontrolle der
Schwarzarbeit sowie Abord-
nungen im Zuge des Flücht-
lingszustroms haben sie neben
ihren historisch gewachsenen
Aufgaben zu schultern. Auch
die Umsetzung des Mindest-
lohns kontrolliert der Zoll. Bun-
desfinanzminister Wolfgang
Schäuble hat dem Zoll im Janu-
ar 2015 1600 gesetzlich vorge-
sehene, zusätzliche Stellen ver-
sprochen. Trotzdem gibt es
immer wieder Begehrlichkei-
ten, Zollpersonal etwa zur Poli-
zei zu verlagern oder für andere
Aufgaben abzustellen. Dieter
Dewes, Bundesvorsitzender
des BDZ Deutsche Zoll- und
Finanzgewerkschaft, betont,
dass die neuen Stellen für die
Finanzkontrolle Schwarzarbeit
nicht zuletzt auf Drängen des
BDZ bewilligt worden sind:
„Gefordert hatten wir die Ein-
stellung von bis zu 2500 wei
teren Beschäftigten. Denn seit
Inkrafttreten der Neuregelun-
gen zum 1. Januar 2015 hat der
Zoll mit der Finanzkontrolle
Schwarzarbeit rund fünf Millio-
nen Beschäftigungsverhältnis-
se mehr im Blick als zuvor. Die
Bundesregierung hat die War-
nungen vor immensen Perso-
nalfehlbeständen in diesem
Arbeitsbereich viel zu lange
ignoriert.“ Das neue Personal,
dass zum 1. August 2015 einge-
stellt wurde, müsse zunächst
ausgebildet werden. Diese An-
wärterinnen und Anwärter
stünden also auch für die Kon
trolle des Mindestlohns noch
gar nicht zur Verfügung. „Wir
haben von Anfang an verlangt,
das Zeitfenster der Ausbildung
beim Zoll zu nutzen, ummehr
Personal einzustellen“, so De-
wes, der darauf hinweist, dass
die ersten Nachwuchskräfte im
mittleren Zolldienst nach zwei
Jahren, im gehobenen Zoll-
dienst erst nach drei Jahren in
der Finanzkontrolle Schwarz
arbeit tätig werden können.
„Erhebt man den Anspruch,
dass ab sofort die volle Aufga-
benbandbreite ausgefüllt wird,
kommt der Zuwachs also viel
zu spät. Die ursprünglichen
Planungen gingen davon aus,
jährlich 320 statt bisher 160
Nachwuchskräfte in die Finanz-
kontrolle Schwarzarbeit zu len-
ken – also 50 Prozent mehr als
bisher. Dieser Vorgang sollte
sich solange wiederholen, bis
die 1600 neuen Beschäftigten
da sind. Auch dann wäre das
Personal erst in rund fünf Jah-
ren komplett gewesen“,
kritisiert der Gewerkschafter.
Mit den Abordnungen in der
Flüchtlingskrise seien aber
auch diese Zahlen vorerst Ma-
kulatur, Personalaufwuchs in
Jan Brenner
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spezial
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dbb magazin | März 2016